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Filterkaffee neu entdeckt

von Nik zu 9. April 2008

bcc-logo-freigestellt.pngVor einiger Zeit habe ich an dieser Stelle über das Aussterben des Filterkaffees gesprochen. Hierbei bin ich vor allem von den althergebrachten Begleitumständen des Filterkaffees ausgegangen, die sicherlich niemand ernsthaft vermissen wird. Denn weder der zu Sirup eingekochte Rest des Kaffees, noch der Geschmack eines Filterkaffees aus einer alten, verkalkten Maschine, bilden Erinnerungen, denen man mit Wehmut nachhängt. Trotzdem aber lautet die entscheidende praktische Frage: stirbt der Filterkaffee zu Recht aus, oder einfach nur aus falschen Gründen? Sollte man nicht nach all den lauten Espressoschäumern einen Relaunch des ruhigen und unaufgeregten Filterkaffees anstreben?

Denn vielleicht hat die neu eingezogene Kultur des Espressos eines grundlegend geändert: mittlerweile kann sich niemand mehr vorstellen, ernsthaft einen nicht frisch zubereiteten Kaffee zu sich zu nehmen. Die Zeiten, in denen ein Kaffee ruhig stundenlang vor sich hin vegetieren durfte, bevor seine kümmerlichen Aromareste in einer schmucklosen Tasse – „Draußen nur Kännchen!“ – zusammen mit Plastiktöpfchen voller fetter Kondensmilch serviert wurden, als sei es das Selbstverständlichste der Welt, gehören hoffentlich endgültig der Vergangenheit an.

Wenn man sich vorstellt, dass ein Filterkaffee, analog zum Espresso frisch nach der Bestellung zubereitet wird, dann kann man sich auf einiges gefasst machen, denn schließlich ist das Aroma eines frisch gemahlenen Kaffees, nach schonender Röstung, für sich schon ein Genuss.

Auf den Text damals meldete sich umgehend Herr Reymond H. Safft, Geschäftsführender Gesellschafter der Best Coffee Company in Hamburg. Er machte mich – sehr zu Recht – darauf aufmerksam, dass auch ein Filterkaffee nichts dafür könne, wenn er unsachgemäß zubereitet wird. Schließlich wird man auch der Biermarke keine Schuld daran geben, wenn das gezapfte Bier stundenlang an der Bar verschalt, bevor es endlich von einer unglücklichen Seele getrunken wird. Der Filterkaffee an sich, so seine These, sei wesentlich besser als man meinen sollte und die richtige Zubereitung vorausgesetzt, selbst für passionierte Espressotrinker ein Genuss.

Herr Safft unterbreitete mir das in meinen Augen mutige Angebot, mir verschiedene Kaffe- und Espressosorten zuzusenden, damit ich mir ein eigenes Geschmacksurteil bilden könne. Ich tüftele nun an einem Konzept, nur noch die teuersten Getränke und Nahrungsmittel mit einer vernichtenden Kritik zu bedenken, auf das mir Kistenweise Champagner und Kaviar ins Haus schneien mögen.

Braun oder schwarz: beim Kaffee prallen hier scheinbar unüberwindliche Gegensätze aufeinander, dabei scheint der Unterschied so klein. Also erklärte ich mich bereit, eine Blindverkostung unter Bekannten vorzunehmen, denn immerhin wollte ich mein eigenes Urteil mit denen mehrerer anderer Kaffeeliebhaber abgleichen. Die Tafel war besetzt mit Kaffee- und Espressoliebhabern. Alles, was geschehen musste, war im Handumdrehen erledigt. Der Kaffee frisch gemahlen und von Hand gefiltert, der Espresso in der Maschine heiß zubereitet und direkt in vorgewärmten Tassen serviert.

Zwei verschiedene Sorten gab es zu probieren. Zum einen den Viareggio Oro, einen Espresso aus fein abgestimmten Arabica-Komponenten und mit ein wenig Robusta abgerundet. Als Gegenspieler und eigentliche Hauptattraktion an diesem Nachmittag fungierte ein Kaffee, der dem Namen nach kaum langweiliger sein kann: Gourmet Coffee, der ebenfalls, wie der Viareggio Oro einzig aus verschiedenen Arabica Bohnen mit ein wenig Robusta gebrannt ist.

Der Viareggio Oro ist ein sehr guter Espresso, der kaum Säure entfaltet und keine Bitteraromen entwickelt. Ein Espresso, den man gut schwarz ohne Zuckerzusatz genießen kann. Die Bohnen riechen sehr aromatisch, entfalten keinerlei störenden Aromen und verströhmen beim Mahlen ein sehr sanftes Aroma. Auch der Gourmet Kaffee entwickelt beim Mahlen verblüffender Weise sogar noch etwas mehr Aroma. Er verfügt über einen Hauch an Bitteraromen und hinterlässt keinerlei Säure. Ein sehr schön abgestimmter Kaffee, den man pur aus der Tasse genießen kann. Selbst mich als jahrelangen Filterkaffeeabstinenzler hat dieser Kaffee überzeugt. Die Testpersonen konnten sich auch nicht einheitlich für eine bestimmte Variante – braun oder schwarz gebrannt – entscheiden. Ein Zeichen, dass es sich hier um Kaffeesorten auf hohem Niveau handelt.

Man sollte den Filterkaffee also nicht ins Archiv verbannen, sondern ihm stets einen solch ausgewogenen Körper wünschen. Vielleicht erleben wir dann bald wirklich die Auferstehung eines vergessen geglaubten Genusses.

Probieren Sie selbst.

Santé!

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